Dienstag, 17. Oktober 2017

Liebe Frauen!

Liebe Frauen!

Zunächst mal: hier, ein Taschentuch. Für die Tränen. Es ist ja eine sooo grausame Welt!

Sexuelle Übergriffe überall! Jede Woche ein neuer Hashtag! Die machohaften Dominanzspielchen der Männer sind mittlerweile UNERTRÄGLICH!! (Ausser wenn es von bereichernden Geflüchteten ist. Das muss man dann im Kontext mit ihrer traumatisierenden Flucht und dem kulturellen Hintergrund verstehen. Also bei denen ist das jetzt nicht so schlimm.)

Aber ansonsten: voll grausam, ey!

Dieser Sexismus und die kranken Schönheitsideale in den Medien! #notheidisgirl

Überhaupt: Sexismus in der Werbung allgemein!

Und nicht zu vergessen: der Sexismus im Alltag! Ein Beispiel: wenn sie 2 Kassiererinnen haben, eine davon potthässlich - oh, entschuldigt - also nochmal, eine davon, die nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht und eine, die attraktiv ist, dann werden sie bemerken, dass die Schlange an der Kasse mit der hübschen länger ist. Zwar nur eine Kleinigkeit, aber es sagt schon ziemlich viel aus!!

Auch immer wieder gern gehört: die Belästigungen in Clubs, UBahnen, auf Festivals, usw. Ja, es ist schon ziemlich doof, wenn einem von einer besoffenen die Zunge in den Hals gesteckt wird, oder einem in einem Gedränge an den Po, oder weiter vorne, gegrabscht wird. Ist echt kacke, ich kenn das. Fast jeder kennt das.

Bevor wir uns jetzt aber komplett in unserer geliebten Opferrolle begraben hätte ich noch die ein oder andere Frage.

Wer guckt eigentlich Heidi Klum? Der gierige, alte, (natürlich in so einem Kontext immer genannte) "weisse" Mann? Nein, ihr!

Wer kauft sich die ganzen Zeitschriften mit den abgemagerten Models? Ihr.

Wer leitet die Modekonzerne? Die Marketingabteilungen? Die Modelagenturen? Oft, ihr.

Was für Produkte bewerben denn sexistische Werbungen? Fast auschliesslich Frauenprodukte.

Wer stellt sich an die Kasse mit der hübschen? Ihr. (der Geschlechteranteil bei Kunden im Supermarkt ist im Schnitt 2/3 Frauen zu 1/3 Männer)

Wer findet das geil sich vollbesoffen an irgendeinen Typen ranzuschmeissen und ihn anzugrabbeln? Ihr.

Und zu guter letzt noch der Fall Weinstein: 999 von 1000 Frauen gehen diesen "Deal" ein. Alle wissen wie es läuft. Ein Großteil mit Sicherheit auch vorher. Ganz Hollywood weiss es. Für alle ist es ok. Für eine nicht.  Der eigentliche Skandal ist nicht Weinstein, der Skandal sind die 999 Frauen, für die ein jetzt nicht ganz so gewollter Fick für die Karriere spätestens im Nachhinein anscheined ok war. Ohne diese Frauen kein Weinstein. Mal drüber nachgedacht?

Ihr seid so ekelhaft sexistisch, euch muss man eine halbnackte Trulla auf einem Bett präsentieren, damit ihr zu H&M lauft und euch für 12,-EUR einen BH kauft. Bei uns reicht eine PS-Angabe und ein hochglanz Foto auf einer unrealistisch leeren Straße damit wir 40.000 EUR für ein bisschen motorisiertes Blech ausgeben.

Ihr setzt (völlig legitim) eure Reize (falls vorhanden), und ja, sind wir ehrlich, manchmal auch Sex, ein wenn es euch vermeintlich Vorteile verschafft.

Ihr macht euch die Welt, die euch zum Objekt macht, selbst.

Nein, das ist jetzt kein Plädoyer für eine rapeculture. Sexuelle Übergriffe sind schlimm und gehören zwingend bestraft!

Es geht um das von euch so bezeichnete "gesellschaftliche Phänomen". Diese Kultur und so Sachen.

Nur: ihr sitzt längst in den "richtigen" Positionen. Ihr seid Richter, Anwälte, Abteilungsleiter, sogar Bundeskanzler. Ihr seid schon längst nicht mehr wirtschaftlich von einem Mann abhängig. Ihr könntet es ändern. Tut ihr aber nicht. Ihr seid stattdessen zu einem treibenden Teil dieses Systems geworden. Ihr selbst findet euch zu fett, zu klein, zu blass, zu blablabla... Ich kenne viele Männer, aber kein einziger hat ein statisches Schönheitsideal. Da ist nicht einer bei, der sagt, "bei mir muss sie schlank sein und dicke Titten haben!!". Das, liebe Frauen, ist übrigens auch ein extrem sexistisches Klischee.

Ihr vertretet eure Interessen nicht, weil ihr dieses System mittlerweile stützt und zum Teil auch bewusst damit arbeitet.

Stattdessen greift ihr in regelmässigen Abständen auf eure Kernkompetenz zurück: jammern.

Wie enervierend.